Eine Entscheidung des VG München zeigt, dass Baumschutz ohne Verordnung kaum möglich ist – und dass der Bund hier mehr Engagement zeigen muss.
Jetzt wird’s erst einmal kleinteilig: In der etwas schwer zu lesenden Entscheidung des VG-München (Beschluss vom 03.12.2010 – M 22 S 10.53) unterliegt eine Gemeinde gegen einen Grundstückseigentümer, der trotz Veränderungssperre Bäume gefällt hat. Die Gemeinde hatte versucht, dies mit Hilfe der Polizei zu verhindern. Das Gericht stellte nun fest, dass die Gemeinde dafür unzuständig war.
Ob das Landratsamt hier hätte helfen können, sei einmal dahingestellt. Lässt man die Feinheiten beiseite, basiert die Entscheidung auf zwei Erwägungen:
- Die Gemeinde hätte die Maßnahme nur verhindern können, wenn eine Ordnungswidrigkeit vorgelegen hätte. Fällt man Bäume entgegen der Festsetzung eines Bebauungsplans, läge eine solche vor. Bei einer Veränderungssperre ist dies noch nicht der Fall. Ich sehe hier eine klare Gesetzeslücke.
- Alternativ hätte die Gemeinde Störungen beseitigen müssen, “die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung geboten erscheint, bedrohen oder verletzen“. Nach Ansicht des Gerichts “stellen die Bäume auf dem Grundstück … keine Sachwerte dar, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint“. Das schließt das Gericht vor allem daraus, dass die Bäume weder im Bereich einer BaumSchVO noch im Naturschutzgebiet liegen. Diese Einstellung ist streitbar. Wir sollten zu einer Haltung gelangen, in der das Bewahren von Bäumen im öffentlichen Interesse geboten erscheint.
Daraus lassen sich einige Schlüsse ziehen, die wenig befriedigend sind:
- Baumschutz ist ohne BaumSchVO oder entsprechenden Bebauungsplan für eine Gemeinde nicht möglich – aber…
- Ein BaumSchVO ist de facto kaum durchsetzbar, da nur wenige Gemeinden sich gegen die Interessen aller Grundeigentümer:innen zu stemmen wagen.
- Bebauungspläne sind teuer und aufwändig. Sie werden meist erst dann aufgestellt, wenn es konkrete Vorhaben gibt. Dann ist es für den Baumschutz meist zu spät.
- So ist der Baumschutz letztlich dem Planungswillen und der Finanzkraft der Kommunen überlassen.
- Das Eigentümer:inneninteresse geht in der Rechtsprechung immer noch weit vor dem Gemeinwohl. Die Erkenntnis, dass die Natur unsere Lebensgrundlage ist, scheint im Einzelfall unerheblich.
Da muss sich meines Erachtens vieles ändern. Wir können von einer Gemeinde nicht erwarten, sich ohne Unterstützung der großen Politik und gegen den Willen vieler, meist wichtiger Bürger:innen um so globale Themen wie Umwelt- und Klimaschutz zu kümmern. Der Schutz von Natur und vor allem Bäumen muss klarer in die Bundesgesetzgebung eingehen. Das beginnt mit Naturschutz in der Verfassung und endet bei Details wie der OWi-Regel im BauGB.