Des dad’st du ja a macha…

Wie so häufig war es meine Frau, die mich auf ein Argument hinwies, das sich in unsere aktuelle Diskurskultur einschleicht und das dringend kritisch hinterfragt werden muss.

Das hättest Du doch auch getan!”

Vor allem wenn es um die Rechtfertigung kurzfristiger Gewinnoptimierung geht, gern auch zulasten der Allgemeinheit, wird dieses Argument rege genutzt. “Die Bäume hättest Du doch auch gefällt, wenn es Dein Grundstück wäre” oder “Du hättest das doch auch an den Meistbietenden verkauft.

Dabei geht es – gerade bei den aktuellen Beispielen – nicht einmal nur um nachhaltige Gewinnmaximierung, sondern leider um den kurzfristigen Profit.

  • Was passiert mit einem Wohngebiet, wenn auch die Nachbarn anfangen, ihre Bäume zu fällen und ihre Grundstücke bis an die Grenzen mit gesichtslosen Wohnblocks zu bebauen? Wertsteigernd wäre das wohl nicht.
  • Was macht es wohl mit Menschen, die gerade ihren eigenen Nachlass regeln, wenn sie erkennen, dass potentielle Erben das Erbe bisher nicht im Sinne der Erblasser:innen verwalten? Kann man denen noch vertrauen?

Spannend ist übrigens, dass man viel seltener das “Ich” hört als das “Du“. Achten Sie mal drauf: “Das hätte ich auch getan.” ist weniger beliebt. Die subtile Unterstellung, das Gegenüber würde vornehmlich im Eigeninteresse handeln, kommt wohl leichter über die Lippen als die Selbstbezichtigung.

Zur Klarstellung: Nein, ich hätte das nicht so gemacht. Ich persönlich, würde ein Grundstück lieber kaufen, um eine Monsterbebauung zu verhindern als sie zu verschulden. Ich würde um Bäume herum planen und nicht oben drüber. Und ich würde mir Gedanken machen, was auf Dauer passierte, wenn alle nach den Regeln handeln, die ich mir selbst gesetzt habe.

„Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“

Immanuel Kant

In diesem Sinne ist es wohl richtig, zu überlegen, wie mein Gegenüber handeln sollte. “Das hättest Du ja auch gemacht” ist vielleicht ein guter Ansatz. Nur dann bitte wirklich zu Ende denken. Was wäre denn, wenn jeder das so macht? Das scheint mir die eigentliche Frage. Vielleicht ein Ansatz, in den aktuellen Krisen weiter zu kommen.

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